Sascha @ YOLO andersWO
Glaubt mir doch eh keiner! - Chitwan Nationalpark, Südnepal
Ich bin in Sauraha. Ein kleiner touristischer Ort direkt am Chitwan Nationalpark im Süden Nepals. Jessi (Link Blog Peking) hatte mir vom Süden Nepals vorgeschwärmt. Vom Dschungel und von Tigern. Ich wusste vorher nicht mal, dass es in Nepal noch was anderes gibt außer Berge. Und doch. Nepal hat einfach unglaublich viel zu bieten. Ich bin mittlerweile schon über 4 Wochen hier und bleibe. Gern.
Jeder Weltreisende, den ich auf dem Weg bis hier getroffen hatte, hat mir von Nepal vorgeschwärmt.
«Das ist das beste Land, in dem ich war«
und ja dem schließe ich mich ohne Vorbehalte an. Berge, Flüsse, Dschungel und vor allem die freundlichsten Leute, die ich bisher kennenlernen durfte, sind in Nepal.
Und das, was ich auf der Reise besonders gelernt habe, ist, dass der Unterschied beim Reisen im Gegensatz zum Urlaub nicht die Orte sind. Es sind die Menschen. Beim Reisen habe ich einfach Zeit mich darauf einzulassen und nicht von Ort zu Ort weiterziehen zu müssen.

Und das spüre ich wieder auf einer kleinen Fahrradtour außerhalb von Sauraha. Natur pur und jeder lächelt mich an, wenn ich vorbeifahre. Sauraha selbst ist eher ein Touri Ort mit Restaurant, überteuerten Angeboten für Safaris und Klamottenläden. Aber mit dem Fahrrad ein paar Kilometer rausgefahren. Und Zack bin ich wieder im echten Nepal, wo die Menschen von Landwirtschaft in ihren kleinen Hütten leben und mir Zuwinken beim Vorbeifahren, während mich die weißen Zähne aus den braungebrannten Gesichtern anstrahlen. Hier bin ich gern.
Zurück im Sauraha schlendere ich behände mit dem klapprigen Drahtesel durch die Hauptstraße, als ich meinen Namen durch selbige hallen höre. «Kann nich sein« denke ich und doch….Die lieben Berliner (Link Blog Pokhara) winken hundert Meter hinter mir freudestrahlend. Wege, die sich kreuzen sollen, kreuzen sich.
Übrigens hat mir Steffi (wieder zurück in Deutschland) auf den Blogbeitrag in Pokhara geschrieben und mich netterweise auf den Namen Ihres Mannes hingewiesen, der mir ja entfallen war. (Link Blog Pokhara).
Bernard heißt der Gute …achso….und der Ausdruck «Dame des Hauses«, wie ich die Steffi im Blog nannte, «klingt irgendwie ein bisschen alt« schreibt sie mit einem Augenzwinkern. Verständlich. Geht ja gar nicht. Sorry dafür und danke dir für die Namenserinnerung,
bezaubernd umwerfende bildschöne Muse der Jugend, Steffi.
Zu viel? So wie ich dich und deine tolle Familie kennengelernt hab, findest du das lustig. ;-)) Und ich hoffe ich kann das Wording unabsichtliche Wording damit ausbügeln. Und ganz lieben Dank, dass ihr mich einfach so zu eurer Safari mit eingeladen habt. Auch wenn wir nicht so viele Tiere gesehen haben, hat es mit euch eine Menge Spaß gemacht.
Die Tage waren sowieso so interessant mit euch, bei Abenden mit Bier und den echt unglaublichen Reisegeschichten, die ihr schon mit den Kindern erlebt habt.
Die sind sowieso grad begeistert, denn im Hinterhof der Pension, in dem sich die Berliner eingewohnt haben, stehen zwei Elefanten, die sie vom Balkon aus Sehen können. Abends füttern die Kinder sie mit Bananen und können sie streicheln. Braucht man da noch viel Kinderunterhaltung? Ich glaube nicht. Toll, dass als Kind zu erleben. Und selbst bei der Teenager Tochter meine ich das Leuchten in den Augen zu sehen. Coole Eltern eben.

Elefanten gibt’s hier sowieso reichlich. Es ist so schön und beruhigend für mich diese behäbigen Riesen auf den Straßen zu sehen. Ich liebe diese tiefe Wärme, die man in ihren Augen sieht.

Zusammen mit den Berlinern wollen wir uns das Elefantenbaden am Fluss anschauen, die sich mit ihren Besitzern hier täglich einfinden, wenn sie aus den Dschungeltouren zurückkehren. Eine Dschungeltour auf einem Elefanten klingt zwar spannend, aber irgendwie möchte ich das nicht. Ich habe keine Ahnung, ob es den Tieren gut geht oder nicht. Und meine Intention, dass es vielleicht nicht ganz so toll ist, bestätigt sich für mich am Fluss.
Freudig laufen wir zur Badestelle der Elefanten. Ich möchte die Dickhäuter spielend im Wasser sehen.
«Vielleicht kann ich sie ja sogar waschen«, denke ich. Ein Traum!
Und da stockt mir schon der Atem als wir um den Grashügel biegen und die Elefanten im Fluss erblicken. Ein Elefant liegt seitlich im Wasser und zwei junge Touristen in Badehose springen laut lachend mit voller Wucht auf dem Bauch des Elefanten herum, um ihn als Sprungbrett ins Wasser zu nutzen. Alles kann man mit den Elefanten machen, wenn man denn bezahlt. Eine kleine Schlange bildet sich und einer der Treiber sammelt das Geld von den wild fotografierenden Touristen ein.


Die Berliner und ich, gerade noch in freudiger Erwartung sitzen still am Ufer und beobachten das Treiben recht wortlos. Hin- und hergerissen. Nah an den Elefanten wäre toll und sie waschen wäre ein tolles Erlebnis, denke ich. Aber um das zu unterstützen? Ich weiß nicht.
Wieder springt eine ältere Dame auf den Elefanten und gleitet fast hinab. Mit schneller Reaktion greift sie nach dem Ohr des Elefanten und zieht sich mit ihrem etwas unförmigen Körper am Ohr hängend auf den Dickhäuter. Er mag das vielleicht nicht so spüren wie wir, aber ich bin überrascht von der Maßlosigkeit, die die Touristen an den Tag legen. Die Tiere sind wie Spielzeuge für sie. Man hat dafür bezahlt, also ist auch alles erlaubt. So scheint es mir.
«Nein! Da bin ich raus.«
Das mag vielleicht etwas bevormundend oder pseudorechthaberisch oder überethisch klingen. Aber wer schon mal in die Augen eines Hundes, der nach Aufmerksamkeit sucht, gesehen, im Zoo den Orang Utans beim Umgang mit ihren Babys zugeschaut hat, oder die Katze schnurrend am Abend neben sich spürt, wenn sie die Nähe sucht, der weiß das Tiere vielleicht kognitiv nicht so weit denken können wie wir, aber sicher doch zu tiefen Gefühlen fähig sind.

Und dann kann ich das einfach nicht nachvollziehen. Vielleicht blendet man manchmal aus, das andere -Menschen wie Tiere- jeden Moment auch emotional wahrnehmen. Ich bin froh, dass die Berliner das gleiche Gefühl haben, wie wir am Abend beim gemeinsamen Bierchen in Vorgarten der Pension noch einmal festhalten. Nichts für uns.
Nach dem zweiten Bier wird’s aber wieder lustig und die Berliner meinen, dass Ihnen einer der ansässigen Ranger erzählt hat, dass hier ab und an ein WILDES NASHORN die Hauptstraße entlangläuft.
«Ernsthaft? Ein Nashorn?«
erwidere ich schmunzelnd und dem Ganzen keinen Glauben schenkend. «Das ist doch sicher so ein Touristennap, um die Leute ein paar Tage länger hier zu behalten oder irgend ne Tour zu verkaufen.« denke ich.
Aber Jan beharrt darauf mit seinen leuchtenden Augen. Ich finde man kann bei ihm den Abenteuerenthusiasmus in den Augen sehen, wenn es um solche Sachen geht. Einfach die Begeisterung für diese Dinge. Toll. Nicht abzustumpfen. Die Herausforderungen weiter zu suchen und sich von ihnen verzaubern zu lassen. Was hinter diesem Kerl steckt…..ganz ehrlich hätte ich ihm nicht zugetraut. Mit dem Rucksack von Südafrika nach Berlin und dann jetz in die entlegensten Winkel von Nepal…allein.
Trotzdem schenke ich der Geschichte mit dem Nashorn nur wenig Aufmerksamkeit insbesondere als Uwe das Ganze noch darum ergänzt, dass das auch ab und zu mit einem Tiger hier passiert, der dann entspannt die Lage in den Tourishops checkt.
Okay…das ist zu viel. Verarschen kann ich mich allein. Find es aber trotzdem amüsant. Anscheinend sind wir jetzt an dem Punkt in unserer Bekanntschaft angelangt an dem wir uns ein wenig mit lustigen Geschichten necken können.
Freut mich…..bis ….naja….bis plötzlich alle aufspringen. Trubel auf der Hauptstraße ist zu vernehmen, die etwa 20 Meter von unserer kleinen Sitzgelegenheit entfernt liegt. Ein Ranger kommt zu uns gesprintet.
«Rhino!« ruft er uns aufgeregt zu.
Wat jetz? Jetz geht’s mit den Witzen doch zu weit. Wird das jetz so ein großangelegter Joke bei dem Alle eingeweiht sind …außer ich, der dann mit Kamera und Glitzern in den Augen auf die Straße rennt und ich dann ein Nashorn aus Pappe vorbeiziehen sehe, die Gruppe sich mächtig amüsiert und ich die nächste Runde Bier unter Gelächter zahle. Ja…meine Fantasie geht manchmal mit mir durch, denke ich als wir auf die Straße laufen.
Ich kann meinen Augen kaum trauen - Im Scheinwerferlicht eines Autos zeichnet sich mitten auf der sandigen Hauptstraße die Silhouette eines langsam trottenden Nashorns ab. Etwa 50 Meter entfernt und größer werdend. «Das ist jetz nicht euer Ernst«, denke ich, den Mund weit offen.
Ähhhh…war da nicht was ….dass wilde Nashörner verdammt gefährlich sind? Was tun? Eine kleine Steinmauer auf der gegenüberliegenden Seite der Pension scheint ideal. Das lass ich mir nicht entgehen.
Ein wenig Respekt vor dem Kollos, der einen wohl in Sekunden dem Erdboden gleich machen kann und genauso viel kindliche Endorphine, die sich in leuchtenden Augen aller beteiligter Ausdrücken füllen die Szenerie. Fotos knipsen, Scheinwerferlicht umgibt den Riesen als er gemächlich 2 Meter entfernt vorbeizieht.

Wir laufen hinterher und können es kaum fassen, als das Rhino, kurz an einem Shop haltmacht. Hineinblickt und dann an der Pension in der wir gerade saßen den Haupteingang nimmt, durch den Vorgarten schlendert und in der Nacht verschwindet.
«Ist das grad wirklich passiert?«,
frage ich mich - fragen wir uns. Tatsächlich. Ein wildes Nashorn ist gerade 2 Meter an uns vorbeigelaufen, um nach dem Rechten zu sehen.
Der Ranger erklärt uns, dass es sich um alte Reviere der Nashörner handelt. Dieser Teil der Stadt ist recht neu und war eben vor ein paar Jahren noch Teil der Nashorngebiete. Die Nashörner kennen die alten Pfade und schauen ab und an eben nach dem Rechten.
Ich kann es echt nicht fassen. Diese Reise, diese Welt ist so so so unglaublich. Kein Fernsehen, kein Film, kein Foto, kein Buch kann das Wiedergeben was sie zu bieten hat und es zu ERLEBEN gilt. Nur im Erleben mit allen Sinnen ist das möglich. Den Endorphinen, der Angst, den Überraschungen, der Freude, der Liebe.
Es gibt ja dieses schöne Zitat aus Matrix
«Es ist ein Unterschied, ob man den Weg nur kennt oder ob man ihn beschreitet«
und auch wenn er aus einem Film stammt, ist für mich da viel Wahres dran. Ich bin auch vor dieser Weltreise viel gereist und war oft der Meinung, dass ich so einiges über die Welt weiß…aus Büchern, Filmen, Nachrichten und Erzählungen.
Einen Scheiß wusste ich und einen Scheiß weiß ich.
Ganz im Sinne von Sokrates, der im Austausch mit den selbstherrlichen und selbsternannten Weisen Sophisten den berühmten Spruch «Mir ist bewusst, dass ich nicht alles wissen kann« (Oft «Ich weiß, dass ich nichts weiß« zitiert) manifestierte.
Sie überrascht einen jeden Tag - diese Welt. Wenn du es zulässt und die Augen auflässt, auch wenn du denkst, du weißt wie es läuft. Also laufe ich nächstes Mal auch wieder freudestrahlend zur Straße, wenn wieder jemand «Tiger« oder «Nashorn« ruft.
Und im Zweifel zahle ich die zweite Runde Bier unter Gelächter. Hab dann aber diese Geschichte zu erzählen, die mir eh keiner glaubt.