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  • AutorenbildSascha @ YOLO andersWO

Im Märchen - Fenghuang, China

So langsam muss ich ein wenig planen in China. Ich bin schon zwei Wochen im Land und das Visum für meinen ersten Aufenthalt in China gilt für 30 Tage. Nicht mehr viel Zeit für dieses riesen Reich.


Vor der Reise habe ich mir ein Visum besorgt, bei dem ich zweimal für jeweils 30 Tage einreisen kann. Zwischendrin muss ich aber mindestens ein Tag ausreisen. Das geht zum Beispiel in Hongkong, wo es aufgrund fehlender Visanotwendigkeit für Deutsche recht einfach ist, ein und dann wieder auszureisen. Es ist kein Flug nötig und man is im Grunde ja immer noch in China.


Von Hongkong bin ich aber noch über Tausend Kilometer nördlich und zwischendrin liegt noch so viel zu sehen. In der Mongolei hatten mir viel Mitreisende, die in China studiert hatten oder das Land schon bereist haben von der Region Hunnan – in der Mitte Chinas – und Yunnan ganz im Südwesten an der Grenze zu Myanmar erzählt. «Da musst du unbedingt hin! « Aber meine Zeit? Die Regionen sind nun mal riesig und ich will da auch nicht durchhetzen. Dann ist da noch mein Plan für Tibet….mein Traum ….einmal vor dem Potalapalast stehen. Für Tibet ist das zweite Visum gedacht. Ausreisen nach Hongkong und dann wieder durch halb China nach Tibet. Das ist aber nicht so einfach. Es benötigt eine Extragenehmigung, um nach Tibet zu kommen, da Tibet nun mal immer noch besetzt ist von China. Außer in Lhasa darf man sich in Tibet ohnehin ohne ansässigen Guide nirgends frei bewegen. Also muss ich eine Tour buchen. …..nicht so meins. …..aber naja. Geschockt bin ich jedoch von den Preisen. Erst ab etwa 1400 € komme ich ins Land mit dem Zug und dann mit einer Tour durch Tibet bis nach Kathmandu.


FAST EIN GANZES MONATSBUDGET FÜR EINE WOCHE?!?!?!

Ich telefoniere mit Reiseveranstaltern, Freunden, Familie……und komme nach langem Überlegen zu dem Schluss, dass das Wohl nix wird mit Tibet. Meinem Traum….Über Land von Russland über die Mongolei, China, Tibet, Nepal bis nach Indien. Schweren Herzens arrangiere ich mich mit dem Gedanken Tibet jetzt nicht zu sehen. Ein Monatsbudget ist nun mal ein ganzes Land. Und wenn ich Tibet eh mit einer Tour machen muss, dann kann ich das auch später. Ich streiche Tibet, beschließe aber auf den Rat einiger der tollen Mitreisenden, die, die bereits in Nepal waren, zu hören und mir das zweite Eintrittsvisum nach China und damit Tibet offen zu halten. Denn es ist auch möglich von Nepal nach Tibet einzureisen und möglicherweise ist es mit Hilfe vor Ort in Katmandu günstiger und einfacher nach Tibet zu kommen.


Okay…wieder eine Entscheidung abgehakt. Also habe ich erstmal noch zwei Wochen in China. Wohin? Das beste Drehkreuz in den Süden und in die Mitte Chinas ist Chengdu. Also fahre ich zunächst dorthin, um mir ein paar Möglichkeiten offen zu lassen. Außerdem gibt es hier Pandas zu sehen.


In einer der größten Forschungszentren für Pandas Weltweit kann man diese sanften aber durchaus gefährlichen Tiere ziemlich nah erleben. Ansonsten hat Chengdu für mich nur wenig zu bieten, dass mich reizt. Eine kleine süße Altstadt und hochgelobte Teehäuser im innerstädtischen Park, die mich jedoch nicht so recht zum Verweilen einladen, was sicher auch am sintflutartigen Regen liegt, der mich in Chengdu empfängt.





Trotzdem bleibt noch offen wie ich weiterverfahre. In den Süden oder die Mitte. Ich entscheide mich für beides…nur eben mit weniger Stationen. Erst in die Mitte nach Fenghuang und dann in den Süden in die Sagenumwobenen Berglandschaften Chinas an den Ausläufern des Himalayas. Nach ein wenig stöbern von Zugverbindungen, Flügen und Ausreisemöglichkeiten finde ich einen Direktflug von Kunming (im Südwesten Chinas) nach Kathmandu. Durch das Streichen der Tibetreise nur deutlich früher als geplant, was Jess – der Däne, den ich in Peking kennengelernt hatte und der schon mehrere Jahre in Nepal gelebt hat – nur begrüßt. Er schreibt mir «Das ist perfekt, dann kannst du das Land richtig lang genießen und bist vor dem Bergsteigerstrom im Oktober (die Hauptsaison) da. Du wirst es lieben«. Dann mache ich das! Kunming liegt im Südwesten China und wird also mein Endpunkt in China sein. Dann steht der Plan…erst die Mitte Chinas und dann der Südwesten um Kunming.


Meine Station in der Mitte Chinas soll Fenghuang sein. War es bisher recht einfach in China mit den Schnellzügen in die Städte meiner Wahl zu kommen, ist Fenghuang nun etwas abgelegener und ist nur mit dem Bus zu erreichen. Der beste Anschluss ist Huaihua, dass ich nach 6 Stunden Zugfahrt erreiche. Okay….der Bahnhof ist jetzt nicht mehr so pompös und modern, wie die in Xian, Peking oder Chengdu. Zwar ist Huaihua auch eine Millionenstadt. Aber das ist in China nun mal ein Dorf. Er ist zwar immer noch groß und es bleibt das Flughafen Feeling aber eher das Flughafen Feeling einer nie fertiggestellten Flughafenbaustelle, die schon wieder in Vergessenheit gerät. Berlin lässt grüßen.


Ein beißender Geruch zieht aus vielen Ecken in die Nase….so in etwa wie an Weiberfastnacht nach ein Uhr nachts in der Altstadt zum Kölner Karneval. (für die Insider)

Gab es in Peking und Xian Ausschilderungen noch im Untertitel auch in Englisch, hat das hier nun ein Ende. Nur noch Fachchinesisch. Ich frage nach einem Busticket nach Fenghuang am entsprechenden Schalter. Die Dame hinterm milchig verschmutzen Glas versteht nicht. Ich versuche es mit Googletranslator….immer noch Fehlanzeige. Ich es Ihr auf der Google Maps Karte und siehe da….die Dame nickt und stellt mir für 40 Yuan ein Ticket aus. Ich vergleiche die chinesischen Zeichen auf der Karte mit denen auf dem Ticket....scheint zu passen. «Und wo finde ich jetzt den Bus?« Versuche ich ihr mit ratlosem Gesichtsausdruck und gestikulierend zu zeigen. Ihre Kollegin eilt zur Hilfe und holt ihr Handy mit Übersetzungsapp auf dessen Display «Gehen sie in die Wartehalle. Sie werden aufgerufen« erscheint, gefolgt von einer wischenden Handbewegung der beiden in Richtung der Wartehalle. Also gehe ich in die Wartehalle.





Auf dem Weg dorthin gesellt sich mein Hirn zur Aufgabe und denkt sich «Wie denn aufgerufen werden?«. Ich weiß ja noch nich mal wie die Busnummer auf meinem Ticket is. In der Wartehalle werden die Befürchtungen klar. Es wird zwar aufgerufen, aber eben in chinesisch, dessen ich leider nicht so ganz mächtig bin. Keine Anzeigetafel. Naja…ich habe Geld, es ist mitten am Tag…..«No Ploblem«, mit überzogen chinesischem Akzent sage ich zu mir und warte erstmal auf einer der Bänke und beobachte das Treiben. Die Abfahrt ist erst in etwa einer halben Stunde.


Etwa 10 Minuten vor Abfahrt bildet sich eine kleine Schlange an einem der Gates. Draußen stehen etwa 10 Busse rückwärts eingeparkt und warten auf die Fahrgäste. «Ich gesell mich mal dazu«, beschließe ich und zeige mein Ticket einer der Beamtinnen. Sie nickt und ich stehe vor den Bussen. Und welcher jetz? Ich hatte gehofft alle würden in den gleichen Bus einsteigen. Nix da. Alle steigen in verschiedene Busse und ich bin so schlau wie vorher.


Ich zeige anderen Mitfahrern mit fragendem Blick und auf die Busse zeigend mein Ticket. Ein junger Mann stoppt, schaut sich selber erstmal um, zögert und zeigt dann auf den Bus neben mir. «Das sah jetz nicht so selbstsicher aus« denke ich. Ich habe ja gelernt, dass die Chinesen zwar immer sehr hilfsbereit sind, wenn sie aber nicht wissen, wie der weg ist, schicken sie einen auch gern mal in irgendeine Richtung, anstatt sich die Blöße zu geben, den Weg nicht zu wissen. Das passiert aber eher bei älteren Herren. Also immer mehrere Leute Fragen ist das Fazit. Was ich dann auch vorhabe, als ich auf den Rat des jungen Mannes zögere in den Bus zu steigen. Er liest wohl meine Gedanken und kommt nochmal zurück und zeigt mir sein Ticket. Er zeigt auf 2 chinesische Schriftzeichen auf seinem Ticket, die den Zielort angeben und zeigt dann auf die chinesischen Schriftzeichen auf meinem Ticket. Mmmmmh…..die sehen tatsächlich gleich aus und er steigt in den Bus. «Wenn er falsch is, dann sind wir es wenigstens beide«, denke ich und verstaue mein Gepäck im Laderaum des Busses.



Das mit dem Vertrauen nimmt gerade auf Reisen allein eine ganz besondere Rolle ein merke ich immer wieder. Vertrauen ist Grundvoraussetzung für solch eine Reise. Vertrauen in die Menschen, die den Weg beschreiben, die Hygiene des Straßenstandes, die hoffentlich keine tagelange Diarrhöe verursacht, Vertrauen n die eigenen Fähigkeiten weiter zu kommen und manchmal auch einfach das alles schon gut gehen wird.

In Fenghuang angekommen am Busbahnhof angekommen gehe ich den anderen einfach hinterher. Ich weiß nicht welcher Bus in die Stadt fährt. Also steige ich ein.



Der Busfahrer nickt und wir fahren los. Natürlich steige ich auch prompt dort aus wo alle anderen aussteigen. Was für mich und mein Hostel völlig am falschen Ende der Stadt ist, wie ich später feststelle. Google Maps hat mich zum falschen Hostel geführt. Also hole ich mir ein Taxi, was mich dann zur gewünschten Destination bringt. Taxifahren ist nicht wirklich teuer in China. Etwa 2 Euro für 15 Minuten Fahrt. Nur sollte man den Preis vorher festlegen oder aufs Taxameter bestehen sonst zahlt man gern das doppelte bis Dreifache des Normalpreises als Ausländer. Wie überall eben.






Ich wühle mich durch schmale Gassen zum Hostel, werde freundlichst begrüßt, checke ein und bekomme ein Upgrade! …einfach so. Ein feudales Doppelzimmer ganz für mich und zum Preis eines Hostelzimmer (5 Euro). Fängt schon mal gut an! Auch die Hostelbetreiberin Victoria spricht super Englisch und ist äußerst hilfsbereit bei allen Fragen. Also erkundige ich die kleine Stadt und finde mich in tausenden kleinen Gassen, gesäumt von kleinen Lädchen, die in die Häuserzeilen eingebunden sind. Neben den kleinen Gassen fließen kleine Bäche in Richtung des Flusses der Fenghuang durchzieht, überdacht von kleinen gebogenen Brücken.





Am Fluss angekommen halte ich inne. Fenghuang ist eine Märchenstadt. Fenghuang schlängelt sich entlang des Flusses eingebunden in die grünen Berge, die das kleine Tal umgibt. Die Häuser am Flussufer steht teils auf Stelzen und Wasserräder bringen eine fischerdorfähnliche Atmosphäre mit sich. Auf dem Fluss schippern ein paar kleine Boote geschmückt mit Lampions und ein paar Fischer versuchen ihr Glück am Ufer.







Zurecht wird Fenghuang eine der schönsten Städte Chinas genannt und es hat sich wieder gelohnt ein paar Umwege auf sich zu nehmen, um diesen Anblick zu genießen. Ich fühle mich wohl und komme runter. Genauso soll China für mich sein. Gelassen, märchenhaft und voller in der Ruhe des Wassers liegender Energie.






Ich bin froh, dass ich außerhalb der Saison hier bin. Die Ferien in China sind zu Ende und ich teile mir die Stadt tagsüber mit nur wenigen Schaulustigen, sodass ich diese ganz und gar genießen kann.





Das ändert sich aber schlagartig gegen etwa 19 Uhr als die Sonne in wunderschönen Dunst getaucht hinter den Bergkämmen verschwindet und es Nacht im Tal wird. Dann ändert sich das Gesicht der Stadt radikal und die gerade noch so ruhig und beschaulich am Wasser gelegenen Häuschen sind von Discokugeln, Lasern und Basswummern durchdrungen. Am Abend ist hier Party angesagt. Und zwar richtig. Die Uferpromenade ist plötzlich gefüllt mit Massen angetrunkener Chinesen, die die Bars abklappern und sich ordentlich die Kante geben. Fenghuang hat eben alles. Märchenhafte Ruhe und Ballermann Feeling in einem. Der Vorteil ist, dass ich die Stadt am Tag wieder für mich habe, da die Chinesen dann wohl auskatern.



Den Tipps von Victoria, der Hotelbesitzerin folgend suche ich, anstatt des Partygetümmels (entgegen meiner üblichen Natur), das beste Restaurant der Stadt auf. Es liegt etwas außerhalb und ich suche mich durch die Nacht. Victoria hat mir den Weg im groben beschrieben, aber der Name ist ja nun mal in Chinesisch und die Läden meist eng gedrängt. Auf dem Weg komme ich wieder an einen großen Platz vorbei, der gesäumt ist vom privaten chinesischen Abendprogramm, das von den Chinesen gern selbst und Aktive gestaltet wird. In der linken Ecke sind die Aerobic Damen, rechts die Sänger, links vorn eine Standardtanzgruppe und rechts vorn die Latinotanzgruppe. Letztere beeindruckt mich am meisten, wie die Chinesen hier ihrem grandiosem Rhythmusgefühl Ausdruck verleihen, während sich im Hintergrund die Latinomusik mit den Bässen der Aerobic gruppe und der Sänger überlagert. Der Mix ist fürchterlich für die Ohren…die Tänze und das Treiben jedoch eine Weide für die Augen…Die Chinesen….


Das Restaurant finde ich…nach einer Weile…nicht am Namen, sondern an der Telefonnummer. Denn in China steht meist neben oder am Eingangsschild eines Lokals auch die Telefonnummer angeschrieben. Wer also nach einer Lokalität sucht, dann am besten auch gleich die Telefonnummer aufschreiben. Das ist deutlich einfacher als die Zeichen einzeln zu vergleichen, so wie ich anfänglich. Dat dauert.


Am letzten Tag in Fenghuang möchte ich noch etwas Besonderes machen. Als ich auf der Touristenkarte ein Theater erspähe. Ich frage Victoria danach, die mir mit strahlenden Augen berichtet: «Das Theater ist toll! Dort kannst du dir ein Musical anschauen, das seines Gleichen sucht. Letzte Woche war ein Pärchen aus Las Vegas bei mir. Die meinten, das kann Las Vegas einpacken.« Mmmmmmmmmmmuuuuuuuu….sical?!?! Ich weiß nich. Ich bin jetzt nich so der Musicalfan. Aber der Enthusiasmus Victorias überzeugt mich… das schau ich mir dann doch an.


Der Vorhang geht auf ……..und schon jetzt bin ich geflasht. Das Theater ist in einem Wald eingebettet! Die traumhaften Wälder und Berge des Märchentals werden als Hintergrundkulisse des Theaters genutzt. Eine Naturbühne, die aber beleuchtet noch einmal einen Kick bekommt. Dazu wird das Bühnenbild mit riesigen Wasserfällen, Wasserrädern, Bäumen ergänzt…der Wahnsinn! Schon ohne Show ein Highlight. Wobei die Show selbst auch tatsächlich seines Gleichen sucht. Die Bühnenshow kann mit Las Vegas bestimmt mithalten. Ganze Regengüsse werden mit Fontänen herbeigezaubert, Feuerfontänen, Artistische Seilakrobatik und farbenprächtige Tänze und Lichtshows. Wow! Ich verstehe zwar kein Wort aber die Geschichte dreht sich …wie soll es auch anders sein…um eine junge Frau hin und hergerissen zwischen zwei Lovern. Sie kann sich nich entscheiden, also geht irgendjemand drauf. Naja. Trotzdem eine wunderschöne Geschichte in Bildern und aufwendigen Büheninszenierungen erzählt. Ein chinesisches Märchen. Das passt zur Stadt.







Fenghuang hat mich überrascht mit seinen verschiedenen Gesichtern. Alt und Gelassen, modern und dynamisch. Ein Märchen eben.



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