Sascha @ YOLO andersWO
Popstars, Zwangsheirat und die Oase der Unsicherheiten - Kathmandu, Nepal
Aktualisiert: 14. Mai 2020
Ich sitze auf der Dachterrasse mitten in Kathmandu. Die Sonne scheint mir ins Gesicht durch die wunderschönen purpurnen Blumen, die liebevoll arrangiert auf der Brüstung stehen und kleine Schatten auf den Tisch werfen. Ich bin jetz schon seit gut 5 Wochen in Nepal. Und besonders an diesem Ort hier war ich schon drei Mal….. In meinem geliebten Glasshouse Hostel am Rande des Stadtteils Thamel im Herzen Kathmandus. Meine Oase der Herzlichkeit.

Wobei die Nepalesen einfach mal die Freundlichkeit und Herzlichkeit in Person sind. Fand ich die Russen schon -für mich überraschenderweise – so hilfsbereit und toll, legen die Nepalesen einfach mal ne Schippe Selbstlosigkeit und Gebertum oben drauf. Und das Lächeln kommt hier -anders als in Russland - auch schon vor dem ersten Satz unverhohlen und ohne Aufforderung von Herzen. Ein Ort an dem ich mich geborgen fühle, obwohl in Nepal augenscheinlich das Chaos herrscht, dass schon am Flughafen beginnt. Übrigens war der Flug nach Nepal mein erster Flug nachdem ich in St. Petersburg gelandet bin,
nach gut 12000 Km per Zug.
Vom Flughafen fahre ich mit dem Taxi zum Hostel. Das kostet normalerweise 700 Rupien (ca. 6 Euro). Wenn ich mir aber im Büro des Fahrers die Angebote zu Trekkingtouren GAAANZ KUUURZ anhöre, meint dieser, bekomme ich das Taxi für 500…….Na dann. Zeit hab ich ja. Meine Nummer Eins Währung…Zeit. Ich schau mir mal an, was da rauskommt.
Und ein paar Infos kann ich echt gut gebrauchen. Einmal den Everest ganz nah mit eigenen Augen sehen! Das stand schon zu Beginn der Reise ganz weit oben auf der Liste mit dickem rotem Kringel auf der Landkarte. Im Kloster in China (Link Blog Meine Woche im Kungfu Kloster) ohne Internet war irgendwie nicht der richtige Zeitpunkt sich zu informieren. Ich weiß zwar, dass ich den Everest Base Camp Trek machen will, wie das aber geht, weiß ich noch nicht. Also kommt mir der Tourischlepper mal ausnahmsweise total gelegen. Ich sag ja, ne Weltreise is irgendwie was anderes als Urlaub.
Und so bekomme ich im Büro des Fahrers, was tatsächlich relativ nah an meine Hostel liegt, erstmal ein paar Infos und einen Tee angeboten. «Hast du Hunger?« fragt er. Ja, habe ich tatsächlich, nachdem ich 2,5 Stunden am Flughafen verbracht habe, um das Visa on Arrival zu bekommen – das ist übrigens die Standardzeit hierfür am Flughafen in Kathmandu. Schneller geht’s nicht…sofern einer von euch mal hinfährt und einen engen Zeitplan hat.
Zuerst das Einreiseformular ausfüllen, das ggf. - wie bei mir - einfach grad nicht mehr vorrätig ist. Dann bei der Bank die 50 Euro Gebühr gezahlt und damit dann in die Schlange zum Einreiseschalter. Überall anstellen. Das dauert einfach. Nepal ist Chaos aber immer mit einem Lächeln. Das merke ich schon hier.
Zurück im Taxifahrer-Tourist-Nap-Büro…..«Ja. Ich habe Hunger« antworte ich. Und ich bekomme ohne weiteres Nachfragen meine erste Portion Momos gereicht. Gefüllte Teigtaschen mit scharfer Sauce und eine der nepalesischen Spezialitäten, die es in mehreren Ausführungen gibt.

«Okay…jetzt bin ich satt und bereit für das freundliche Tourigespräch« Also setzte ich genauso meine Touri-Ahnungslosigkeit-Mine auf und lass mich beraten. «Wie war das mit der Tour?« frage ich und mein neuer Freund erzählt mir im Grunde alles über den Everest Base Camp Trek. Geduldig schreib er auf meine Nachfrage jede Station, die in seiner Tour zum EBC -wie der Trek hier kurz genannt wird- enthalten ist auf einen A4 Zettel.
Ich frage nach jedem Detail, obwohl ich nicht vorhabe eine Tour zu machen, was ich ihm auch deutlich mitteile. Aber davon lässt er sich nicht ablenken. Na dann. Wenn er so enthusiastisch ist, dann nehme ich doch gern das volle Erklärprogramm:
Wo muss ich anhalten? Welche Permits brauche ich? Wo muss ich mich akklimatisieren? Und was kosten die Unterkünfte in den Teehäusern und das Essen eigentlich? Ich habe keine Ahnung und will alles wissen. Ich will so viel wie möglich auf eigene Faust machen und tatsächlich bekomme ich durch den Tourinap einen wunderbar ausführlichen Plan der Route mit Akklimatisierungspunkten, Preisen für Unterkünfte und Essen…und das Taxi obendrauf -wie vereinbart - für 500 Rupien …auch noch billiger. Der Tourinapper tut mir jetzt schon ein wenig leid, da er bei mir auf Granit beißt und keine Tour verkauft bekommt. Die hätte bei ihm auch gut 1100€ gekostet plus ca. 300€ fürs Essen. Sorry, Tourimann. Kleiner Spoiler vorab zum nächsten Blog: Meine Tour zum EBC für zwei Wochen wird nur ca. 750 € kosten inklusive Flügen und allen Kosten.

Nach langer Anreise und Infos komme ich abends Im Hostel an. Ich bin gespannt auf die Unterkunft. Ist ja das Erste in Nepal. Dem Land von dem mir wirkliche alle Weltreisenden, die ich getroffen habe, immer vorgeschwärmt haben. Ein wenig Entspannung und Zivilisation nach dem Kloster in China kann mir gerade echt guttun. Aber erstmal heißt es noch sich durch den Verkehr in Kathmandu zu Fuß zum Hostel zu kämpfen.
Der Verkehr ist tatsächlich einer der schlimmsten den ich bisher gesehen habe
(Spoiler…auch das werde ich später noch toppen #trafficindia) …kreuz und quer fahren Tuktuks, Roller, Taxis, Busse durch die schmalen Gassen. Es wird gehupt, was das Zeug hält. Was aber tatsächlich mittlerweile Sinn für mich macht. Bei dem durcheinander kann man nicht alle Fahrzeuge auseinanderhalten. Das Hupen in Asien dient nun mal nicht, wie bei uns, dem Loswerden des über den Arbeitstag angesammelten Grolls, sondern ist ein echt notwendiges Warnsignal, dass da jetzt ein Auto oder wahlweise anderes generell nicht TÜV-fähiges Gefährt kommt. Es bedeutet einfach so was wie «Achtung ich komme!« und im unausgesprochenen Nebensatz «ich halte auch sicher nicht an!«.


Das ist nach einer Weile echt hilfreich, wenn ich mich durch die engen Straßen bewege. Ich habe mich immer gefragt, warum sich eigentlich in Asien kaum einer so richtig umschaut, wenn er über die Straße geht. Man muss es einfach nicht. Du hörst es am Hupen. Man sollte sich eh eher auf das was vor einem liegt konzentrieren, da da schon mal die Ziege kreuzt oder das 50cm Schlaglicht wartet. Und mit diesem Wissen lässt sich dann im Chaos des Verkehrs Kathmandus für mich doch recht entspannt durch die Straßen schlendern. Manchmal nur unterbrochen von einem Gassenstau, bei dem die Autos, Roller und Rikschas so verkeilt sind, dass man nicht mal mehr als Fußgänger vorbeikommt. Ehrlich.

Angekommen im Hostel werde ich mit strahlendem Lächeln empfangen. «Oh! Schön hier!« Dachterrasse, gute Betten, nette Hosts…einfach Wohlfühlathmosphäre. Manchmal ist das echt so.
Man kommt irgendwo rein und fühlt sich innerhalb von Sekunden wohl
ohne überhaupt Betten oder jede Ecke des Hostels gesehen zu haben. Das liegt wohl hier gerade an den Betreibern des Hostels.
Deepak und seine Frau Sita mit den Söhnen führen eine Oase in mitten dieser hektischen Stadt. Und ja, Jetzt muss ich das erste Mal tatsächlichn bisschen Werbung machen (natürlich unbezahlt). Das liegt mir einfach am Herzen. Mal ganz im Ernst…also falls jemand von euch mal nach Kathmandu fährt. Dann geht einfach ins Glasshouse. (Link Glasshouse). Dort gibt es übrigens neben den 8 Bett Dorms auch wunderschöne Doppelzimmer, wer lieber Zweisamkeit genießt.
Sita ist immer unglaublich bemüht alles sauber zu halten und das Frühstück, das bei 7,50€ Bettpreis enthalten ist, ist phänomenal und wird frisch zubereitet. Du hast die Wahl zwischen fantastischen Crêpes, erfrischendem Müsli, das wie ein Kunstwerk aussieht oder für den großen Hunger gefüllte Omelette mit Toast.
Einmal im Dorm (aka «Damals im Ferienlager…« ;-)) hatte einer der Mitbewohner ein Handtuch im Dorm aufgehängt, was nicht mehr so ganz taufrisch war. Es hat also wie für gewöhnliche Schlafräume üblich ein klein wenig gemüffelt. Aber eher im normalen Dorm Stil und nicht unbedingt so, dass uns jetzt die Augen hätten getränt. Als Sita dann – wie jeden Tag - in den Räumen nach dem Rechten schaut und alles saubergemacht, bemerkt sie den Geruch. «Something smells different!« meint sie mit verzogener Mine. «What ist that? Is this not disturbing you?« meint sie mit wohlwollender und sich mütterlich kümmerndem Augenaufschlag zu mir. Und dann geht sie so lange auf die Suche, bis sie den Übeltäter-also das Handtuch-gefunden hat. Das wird dann erstmal frei Haus gewaschen. Also sauber ist es echt. Und da bin ich nach der ein oder anderen unterirdischen Erfahrung in China echt froh drüber.
Das, was aber viel mehr in meiner Erinnerung bleibt, ist die Herzlichkeit, mit der sie dieses Hostel führen. Deepak hilft einfach bei allem und ist nur daran interessiert, dass es mir und seinen Gästen gut geht und sie glücklich sind. Und das meint er wirklich genauso. Kein Spruch. Keine leere Phrase. Ich kann einfach sehen, wie ihm das Herz aufgeht, wenn er einem der Gäste oder mir helfen kann. Und dafür verlangt er rein gar nix. Nada. Niente. Und seine Gäste danken es ihm damit, dass sie ALLE wiederkommen und auch wie ich wohl in den größten Tönen schwärmen. Was du gibst, bekommst du tausendfach zurück. Das trifft hier den Nagel auf den Kopf.

Die beiden sind unglaublich fleißig und was ich in meinen ersten Tagen in Kathmandu merke ist, dass das auch für viele andere gilt. Hier ist eben jeder für sich selbst verantwortlich ist. Man geht nicht einfach gelangweilt seinem Job nach, sondern hier geht’s nun mal auch ums Überleben. Nepal ist trotz der Trekkingtouristen eines der ärmsten Länder der Welt. Urlaubsansprüche, Kündigungsschutz…wohl eher unbekannt hier. Ich glaube einige von den Leuten hier würden in Deutschland eine Menge Kohle verdienen mit dem Ehrgeiz, dem Enthusiasmus, Unternehmergeist und der Liebe, die sie in Ihre Geschäfte stecken. Vor allem der Liebe.
Trotzdem sind die Leute nicht angstgetrieben. So wie ich vor einiger Zeit zu Beginn meiner kleinen Karriere und der ein oder andere den ich kenne in unserer Arbeitswelt wohl auch. Angst davor alles richtig zu machen, keine Fehler zu begehen……schön in der Linie eben, um den gut bezahlten Job zu behalten oder zu kriegen. Ja nix falsch machen. Das ist ja auch nachvollziehbar. Was dann aber passiert? Alles wird grau. Keine Ideen, kein Leben und eine Reihe Ja-Sager entsteht. Keine Leidenschaft und Liebe in dem was du tust. Was mal ganz ehrlich doch Keiner von uns so richtig mag -zumindest ich nicht. Wunderschön kann ich diese Dissonanz immer wieder in einer Reihe geteilter Facebook Zitate sehen, die mir dann suggerieren:
«Das Leben ist eine Leinwand. Bemale sie so bunt du kannst« erzählt mir dann der ein oder andere mit schönem Bildchen aus dem GIF-Store, dessen andere Posts nur von den neuesten Verwicklungen bei Game of Thrones berichten. Ohne Wertung….jedem das seine (obwohl game of Thrones hab ich nie kapiert)…..aber irgendwas passt da eben nicht. Und das hat es für mich eben auch nicht mehr. Wenn ich was auf dieser Reise bisher gelernt habe, dann ist es wirklich und ich meine wirklich meiner innerer Stimme -meinen Herzenswünschen- zu folgen und ab und zu den Verstand einzuschalten, der mich dann vor Schlimmerem bewahrt. Zumindest tut mein Verstand was er kann. :-).Dann entsteht für mich Leidenschaft und Liebe für das was ich tue. Ich hoffe ich kann das auch zurück in Deutschland behalten.
Und was die Nepalesen mich noch lehren? Wenn diese ganzen Sicherheiten der Arbeitswelt…wie der angesprochene Kündigungsschutz etc., auf denen ich mich in Deutschland auch immer ein wenig ausgeruht habe, nun mal nicht da sind – Nepal ist nun mal eines der ärmsten Länder der Erde - dann musst du einfach machen. Und das tun die Nepalesen. Keiner hat wirklich Angst einen Fehler zu machen. Sie machen einfach.
Alles geht irgendwie. Und die Bande zu anderen Menschen werden durch den Wegfall dieser Sicherheiten auch viel enger und wertvoller. Denn Sie sind dann die einzige Sicherheit, die man hat.
Die Oase zwischen den Unsicherheiten eben.
Vertrauen spielt dann eine wesentliche Rolle und man hilft sich…. In Nepal ist dann eben jeder irgendwie ein Cousin von jedem. Ist die Hose kaputt? Kein Problem …mein Cousin über die Straße hat eine Schneiderei. Fünf Minuten und zum Freundschaftspreis von 50 Cent ist die Hose genäht. Klar doch. Du brauchst n Busticket? Klar. Kenn ich jemanden. Im Zweifel kann man beim Frisör Hasenbraten bestellen und der wird dann auch noch frei Haus geliefert vom Nachbarn, wenn man will - natürlich ein Verwandter achten Grades. So scheint mir Nepal zumindest. Man muss nur irgendjemanden Fragen. Sie werden geholfen.
In Deutschland habe ich mich oft gefragt, warum wir bei steigendem Wohlstand nun (statistisch) nicht glücklicher werden. Ich glaube, weil wir uns zu sicher sind. Nicht die Menschen und Möglichkeiten stehen im Vordergrund, sondern es dreht sich vieles um Wohlstandwahrung. Erst als ich begriffen habe, dass es gar keine und ich meine gar keine Sicherheiten im Leben gibt und schon mal gar nicht in Jobs und Karriere (siehe Kündigungen bei den soooooo sicheren Jobs wie bei Siemens, Thyssen, Ergo, Bayer) habe ich ein Gefühl davon, dass ich viel mehr Möglichkeiten habe, diese Wand zu bemalen -wie mir der Facebookpost erzählt- und mich um die wesentlichen Dinge zu kümmern. Wenn ich heute vom Game of Thrones Blogger ein neues Zitat sehe, dann begreife ich, dass es kein Rat ist, sondern eine Art Hilfeschrei, das Leben wirklich anzupacken.
Gerade die Nepalesen, sagen mir immer wieder. «Money does'nt matter« obwohl sie es wohl dringender bräuchten als ich. Und die meinen das ernst. Gerade auch beim Verhandeln, wie ich etwas später merke. Da spielt «Money« jedoch auch nach oben erstmal keine Rolle. :-)
In Nepal geht es um die Menschen und so verbringe ich bei meiner neuen kleinen Familie im Hostel mit Deepak und Sita auch eines der größten nepalesischen Feste «Daishan«, dass eine Woche lang Anfang Oktober stattfindet. Alle Hostelbewohner sind Gäste der Familie und so werden wir auch behandelt. Als Familie. Zusammen mit der Verwandtschaft von Deepak, die mittlerweile auch eingetroffen ist, gibt es ein nepalesisches Buffet und Freihausbier. Im Grunde wie Weihnachten in Nepal. Happy Daishan!
Das spannende am Daishan-Fest ist übrigens, dass wirklich alle – ALLE NEPALESEN- zu Ihren Familien fahren und so gut wie keiner arbeitet. Weihnachten eben. Alle Busse sind voll und auch am Geldautomaten bekommt man dann für etwa eine Woche kein Geld mehr, wie uns Deepak glücklicherweise VORHER mitteilt. Denn für die Geschenke heben alle Leute ihren Lohn ab und die Leute, die die Geldautomaten auffüllen, haben eben auch keinen Bock auf Arbeiten. Wirklich. So sind die Automaten tatsächlich am zweiten Tag des Daishan leer. Etwas abschreckender an Daishan ist jedoch, dass auch überall auf offener Straße geschlachtet wird und die Tiere hier traditionell geköpft werden. Für mich kein Problem aber eher nix für Veganer, (ACHTUNG VEGANER DEN NÄCHSTEN SATZ NICHT WEITERLESEN) wenn die Ziege ohne Kopf tatsächlich noch atmet während der Rest von Ihr etwa 2m entfernt liegt.
Am Abend des Höhepunkts des Festivals erfahren wir dann auch in wunderbar gemütlicher Runde - wie für Weihnachten üblich – die «ollen« Familienkamellen, was mich ein wenig gedanklich an die Lieben zu Hause schweifen lässt. Aber «oll« sind Kamellen bei Deepak und Sita nicht. Denn die Geschichte wie sich die beiden kennengelernt haben, ist eine Besondere:
So haben sich Deepak und Sita das erste Mal auf einer Familienfeier zur Heirat des Bruders von Deepak und der Schwester von Sita gesehen…ja, die sind auch verheiratet und übrigens auch anwesend. Die beiden waren auf den ersten Blick…sagen wir mal recht angetan voneinander, erzähl Deepak. Haben Blicke und ein paar Worte ausgetauscht. Heimlich. Das Besondere ist aber, dass einige Zeit nach dem Fest, nun für beide jeweils separat auch die Heirat fällig werden sollten. In Nepal gibt es jedoch arrangierte Hochzeiten, die die Eltern einfädeln. Die Brautpaare erfahren erst kurz vor der Hochzeit wer der Glückliche Lebenspartner wird, was natürlich zu einiger Anspannung bei den Auserwählten führt. Entsprechend waren die beiden auch recht gespannt, wer denn nun das Leben mit einem teilen wird. Es wusste ja leider niemand, dass die beiden sich mögen und sich gesehen haben……
«Und wen präsentieren die Eltern!?!?!«
…erzählt Sita am Abend freudestrahlend…«Deepak! I was so lucky!!!«. Awwww…Einfach filmreif.
Soviel zur Werbung, die für mich einfach eine Möglichkeit ist, mich nochmal für die Zeit zu bedanken. Ich habe es sehr genossen und es war auf der Reise einfach mal ein Anker. Gerade in den letzten Wochen habe ich so viel erlebt, immer wieder neues gesehen, mich selbst herausgefordert (BLOG Link Gefährlichster Hike der Welt, BLOG Link Zelten auf der chinesischen Mauer) und eben jeden Tag neue Leute und Umgebung um mich. Dann ist so ein Ort an dem man sich ein wenig aufgehoben fühlt, zwischendurch einfach Balsam für Körper und Seele. Menschen, um sich zu haben, bei denen man weiß, dass man ihnen vertrauen kann und einem das Lächeln am nächsten Morgen gewiss ist. Denn all das muss ich sonst jeden Tag neu bei den Menschen herausfinden, denen ich begegne. Und so entspanne ich einfach in der Oase von Deepak und Sita. So…jetz aber…..Werbung Ende. Im Fernsehen gibs ja auch immer noch dreißig Sekunden Werbung vom Sender, obwohl die eigentliche Werbung schon längst vorbei ist. Und weiter mit dem Film….äh Blog.
Apropos kennenlernen…Im Hostel lerne ich beim Frühstück Sathiya aus Sri Lanka kennen, der gerade dabei ist ein Visum für Tibet zu beantragen. Da werde ich direkt etwas wehmütig, da ich das Ziel Tibet ja kostentechnisch schluchzend von meinem Plan gestrichen habe, obwohl es so ein großer Traum war.

Und auch für Sathiya erfüllt sich der Traum leider nicht, wie er mir etwas niedergeschlagen am Abend auf der Dachterrasse des Hostels erzählt. Visum verweigert. Der Grund? Im Letzten Jahr hat ein Sri Lankanischer Journalist etwas doch sehr Abfälliges über die chinesische Politik in Tibet nach seiner Reise durch Selbiges geschrieben. Das fanden die Chinesen wohl nich so lustig und machen es für Sri Lankaner einfach gerade nahezu unmöglich ins Land zu kommen.
«Dann kann ich auch mal die Tür für jemanden sein, wenn die Tür Tibet für Ihn zu geht«, denke ich. «Was hältst du von Everest Base Camp? Mit dir kann ich mir das gut vorstellen. « schlage ich Sathiya vor. Ich habe mittlerweile schon einiges geplant zum EBC, aber zusammen macht es sicher mehr Spaß. Gerade da mein bester Freund aus Deutschland, der mich für das gemeinsame EBC Abenteuer besuchen wollte, leider dann Arbeitstechnisch doch keine Zeit hatte, und sich somit auch meine EBC Planung geändert hat. Also setzten Sathiya und ich uns nach ein paar gemeinsamen Vorfühlabenden bei gutem Everest- und Nepal-Ice-Bier mit Deepak zum Schlachtplan zusammen.
Unser Glücksfall....Deepak war selbst mal ein Bergführer für die Everest Region und hilft uns bei der Planung und erklärt uns das ABC des EBC von A…wie Ausrüstung über B…bibbernde Kälte in der Nacht und C…wie Chlortabletten zur Wasserreinigung.

Also heißt es erstmal MÄNNERSHOPPING in Kathmandu. Denn bisher habe ich außer meinen Bergschuhen, Mütze, Regenjacke und Thermounterwäsche nicht viel, um dem Wetter im Himalaya zu trotzen. Einen ganzen Tag lang suchen wir Sathiya und ich gemeinsam nach
Daunenjacken von «the North FAKE« oder Wandersocken von «ADINASS«,
wie die tollen Marken auf den lokalen Märkten in Kathmandu in Hülle und Fülle angeboten werden. Übrigens kann man auch Originale in Kathmandu kaufen. Die Kosten aber hier meist deutlich mehr als bei uns zu Hause. Also entweder NorthFake (was total auseichend ist – Schuhe ausgenommen- wenn man nicht ganz oben auf den Everest will) oder zu Hause kaufen.
Summa Summarum gebe ich nochmal knapp 100€ aus für Wanderstöcke, Daunenjacke, Fleecejacke, warme Socken, Sonnencreme, Sonnenbrille, Handschuhe, warme Mütze, Toipapier und eben gaaanz wichtig Wasserreinigungstabletten, die wir für unserer Trinkwasser auf dem EBC brauchen. Die kosten übrigens in Kathmandu nur knapp 1€ für 50 Stück (was für gut 50 Liter reicht) …also als Tipp: Nicht in Deutschland kaufen.
Toipapier dabei zu haben, ist in Asien sowieso fast immer Pflicht. Meist gibt es auf den Toiletten keins und am Everest sowieso nicht als kleine Info.
Neben Sathiya lerne ich im Hostel auch noch Susi aus China und Gilian aus Gabun kennen. Susi etwas zurückhaltender, weil sie wirklich kaum englisch spricht und Gilian, einfach die afrikanische Lebensfreude pur. «The Glasshouse Crew«, wie wir unsere Whatsapp Gruppe nennen, beschließt gemeinsam Kathmandu zu erkunden. Erst auf die Facebook Reaktionen zu unserem Foto bemerken wir, dass wir mal einfach die Hammer Multikulti-Truppe sind! Mega.

Wir besuchen den Durbar Square im Zentrum der Stadt mit seinen alten Tempeln, die jedoch vom Erdbeben vor einigen Jahren in Nepal noch stark zerstört sind. Aktuell befindet sich alles eingerüstet und gestützt. Trotzdem ist das Zentrum kulturell ein Erlebnis, in dem man an den Bauwerken Kathmandus den Status als Schmelztiegel der Religionen ansehen kann. Buddhismus, Hinduismus, Moslems und Sikh. Alles ist vertreten.

Der Eintritt zum Platz kostet aber tatsächlich 1000 Rupien. Man kann sich aber auch irgendwie über das Museum reinschleichen, habe ich mir sagen lassen. Die anderen Sehenswürdigkeiten sind ein wenig weiter weg und wir erkunden sie per Taxi. Das heißt erstmal immer verhandeln in Nepal. Einen Taxameter gibt es zwar, aber der wird nicht angeschaltet. Nie. Weder auf Nachfragen, bitten, heulen, anschnauzen oder sonst was. Keine Chance. Gut ist, dass wir Sathiya dabeihaben. Der wird nämlich gerne für einen Einheimischen gehalten -ja, aufgrund seiner Hautfarbe…was denn sonst?! Und er versteht ein wenig von der Sprache. Unser Glücksfall. Das drückt den Preis ungemein und verhilft uns zu günstigen Fahrten durch die Stadt. Wobei wir zunächst den Affentempel mit grandiosem Überblick über die Stadt besuchen. Ja. Dort haben die Affen das Kommando, die sich überall wuseln, rumspringen und gegenseitig kraulen.

Beeindruckender ist für uns alle jedoch der Besuch von Pashupathinat. Einem Tempel, der wie in Varanasi in Indien der Beisetzung der toten Hindus dient. (Eintritt ebenfalls 1000 Rupien). Bedächtig folgen wir gebannt zwischen touristischem Erstaunen und respektvollem Schweigen der Zeremonie als eine Verstorbene Frau von einer Menschenmenge in bunten Farben und in Tücher gehüllt hoch oben auf den Schultern zum Verbrennungsplatz am Fluss getragen wird.
Die Stille wird unterbrochen von einer schreienden Frau, die schluchzend zur Bare der in Blumenkränze geschmückten Toten stürmt und nur schwer von den umstehenden Trauergästen entfernt werden kann. Am Flussufer sehen wir einige kleine Feuer, die noch lodern. Überbleibsel von den verbrannten Toten, die hier wie auf einem kleinen Scheiterhaufen verbrannt und deren Überreste dann in den Fluss gekippt werden. Rauch durchzieht die Szene durchsetzt mit stickigem Geruch der verbrannten Leichen. Trotzdem kann man nicht so richtig weggucken, erstaunt vom Ritus, der sich hier vollzieht.
Nicht ganz nachvollziehen kann ich in dem Zusammenhang jedoch die Menge an Touristen, die sich neben die trauende Menge stellen und Selfies mit der Leiche auf dem Bild machen. Echt jetz? Ich meine ich mache auch Fotos aber Selfies?!?!? mit Leiche? Stellt man die dann freudestrahlend auf Instagram? Und mit welchem Hashtag?
#meandthedead #Leichenschmaus #scheißstimmunghier #totensonntag ?!?!
Ich weiß nicht. Wie gesagt…nur seiner ersten Intuition blind zu vertrauen, funktioniert auch nicht. Ich schalte dann auch noch meinen Verstand dazu…zumindest versuch ich das.

#lovethisfoto :-)))
Im Tempel selbst bekomme ich dann auch mein erstes Tika. Tika? Das ist der Punkt auf der Stirn den viele Hindus tragen und den es in vielen Varianten und reich verziert gibt. Mal nur ein Punkt, mal groß und aus Reis und mal kunstvoll verziert. Das Tika steht für das dritte Auge im Hinduismus. Was dieses dritte Auge so kann, ist aber immer ein wenig anders, je nach GlaubensFACHrichtung. Generell steht es aber für die Dinge, die man nicht sieht. Die Zukunft, hellseherische Fähigkeiten oder eben nur die Fähigkeit das Nichtsichtbare oder Übersinnliche wahrzunehmen. Kann ich gebrauchen. Nehm ich.

Aber auch das Nightlife von Kathmandu lässt sich sehen. Angesichts der vielen Trekking Touristen, die die Wahl zwischen unzähligen Wanderungen haben, hat sich im Stadtteil Kathmandu ein Travellerzentrum entwickelt. Trekkingstores, Apotheken, Rikschas, Restaurants und coole Rooftopbars reihen sich aneinander. (Mein Tipp ist übrigens die Namaste Roof Top Bar…LINK).
In den besonderen Genuss des Nachtlebens Kathmandus komme ich wie immer unverhofft.
Und zwar dann, als ich eigentlich einen entspannten Abend mit einem ehemaligen Arbeitskollegen in Kathmandu verbringen will. Fridolin und ich haben uns auf meiner Abschiedsfeier im Büro anhand meiner Reiseroute einfach mal festgestellt, dass wir beide wahrscheinlich im Oktober in Nepal sind. Also verabreden wir uns im Juni für gut 3 Monate später. Und tatsächlich passt alles und wir treffen uns in einer kleiner Bar.
Wir sind zu fünft. Ein Australier, zwei Nepalesen und eben zwei Deutsche eben. Mit dabei ist auch Sushil, Fridolins alter Studienkollege, die sich hier wiedergetroffen haben und gemeinsam am Annapurna trekken waren.
Die Truppe passt und wenn das so ist, schmeckt auch komischerweise das Bier auch gleich viel besser. Zumindest mir. Eigentlich hatte ich mit fest vorgenommen nix zu trinken, da ich ja übermorgen zum EBC aufbrechen möchte.
Ja…"eigentlich"...is ne Einschränkung.
In Peru vor 3 Jahren hatte ich schon den Fehler gemacht, erstmal die Ankunft auf der Höhe von 3400m mit ein paar Bierchen mit meinen Freunden zu feiern. Das hat im Umkehrschluss zu tagelangen Kopfschmerzen geführt. Und ich hatte mir geschworen, auf solcher Höhe dies nie wieder zu machen. Ich lerne ja aus meinen Fehlern :-P. Leider bin ich für gute Laune und tolle Menschen recht anfällig, sodass die guten Vorsätze wie zu Silvester gerne mal über Bord gehen. Was in diesem Fall aber absolut der Knaller werden wird....
Denn...
Sushil ist Manager eines der größten Resorts in Phokara – der zweit bekanntesten Stadt in Nepal – und er kennt einfach ein paar Leute in Kathmandu. So ziehen wir nach den ersten Bierchen zum Essen in ein etwas schickeres Restaurant mit Balkon um. Man kennt den Besitzer und begrüßt sich mit Handschlag und Umarmungen. «Sieht nett aus und das Essen ist top«, denke ich. Bis dahin einfach ein echt netter Abend. Es tauchen noch ein paar Brüder auf, die sich dazu gesellen und wir quatschen über dies und das.
Bis die sehr adrett in kurzen Cocktailkleidern aufgehübschten Damen am Nebentisch nervös werden.
Warum? Fünf ebenfalls sehr stylisch gekleidete junge Männer mit Lederjacke - teilweise ROTES Schlangenleder –gefärbten Sonnenbrillen, Ohrringen und Föhnfrisur betreten das kleine Restaurant. Schon sitzen die Mädels gaaaaanz grade…alles wird zurechtgerückt und etwas nach oben an die richtigen Stellen positioniert. Und zack die ersten Fotos mit den Mädels, die teilweise vor Aufregung die Fassung verlieren und das Gekreische nicht mehr zurückhalten können.
«Was ist denn hier los?« frage ich und Sushil meint, dass das im Moment so ziemlich die bekanntesten Popsänger in Nepal sind. «Sie sind die Gewinner von the Voice in Nepal und haben auch in UK teilgenommen. Sie leben aber in London und sind für ein Konzert hier.« Okaaaaaay?!?! Das erklärt die Aufmachung und das Gekreische. Stilecht haben die Jungs natürlich auch Aufpasser und eine dralle Blondine als persönlichen Groupie dabei. Die Jungs sind locker drauf und genehmigen sich erstmal den besten Whiskey des Hauses während zwischendurch immer wieder Fotossessions angesagt sind.
Auf dem Klo treffe ich einen der Mitglieder. Er quatscht mich an….wo ich denn herkomme und wir reden übers Reisen, die Musik und Deutschland und er meint wir sollen dann doch mit aufs Konzert kommen. «Netter Typ!« wahrscheinlich angetan davon, dass ich keien Ahnung habe wer er ist. Er übrigens aber nur etwa 1.60 groß ist, dass aber ganz locker wett macht, wie ich später noch sehen werde. Denn Suhsil hat schon alles geregelt. Der uns nach gut 1,5 Stunden sagt, dass wir einfach mitkommen sollen. Mit in den Club wo die Band spielt. Wir sind eingeladen!!!.... in einen der größten Clubs Asiens in Kathmandu (das L.O.D), wo die Jungs heute auftreten.
«Okay, dass wars dann wieder mit dem wenig trinken heute«, denke ich mir noch als wir an der Schlange vorm Club vorbeigehen und die 50 Euro Bändchen als VIPs bekommen. Kostenfrei.
Übrigens habe ich heute den entspannten Backpackerstyle mit T-Shirt und Shorts gewählt, um zwischen den aufgestylten jungen Damen und Herren des Clubs in geschniegeltem Hemd und Strasskleid ÜBERHAUPT nicht aufzufallen. Aber wir sind ja VIPs. Wir bekommen eine hübsche Lounge nahe der Bühne und auch gleich den Whiskey mit Cola gereicht. Bis die Jungs, mit denen wir gerade noch im Restaurant saßen von der jubelnden Menge begrüßt werden und eine echt geile Show abziehen. Gerade mein kleiner Freund reist sich erstmal das T-Shirt vom Leib bevor er ein Mega Gitarrensolo auf Weißer Stratocaster-E-Gitarre aufs Parkett legt.
Die Damen des Hauses danken es ihm mit mehr Gekreische. Wir dann übrigens auch nach dem 4 Whiskey Cola. Geile Show und ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht mehr ganz so sicher wie ich nach Hause gefunden hab. Aber das wars wert.
Und so sitze ich wieder -schon lange ausgenüchtert- am letzten Tag in Nepal nun zum dritten Mal im Glasshouse. Mili, die süße Hündin des Hauses kuschelt sich an mich
und ich unterhalte mich mit Sita, die mich bittet, etwas an die Wand der neu eingerichteten gemütlichen Bar des Glasshouse zu schreiben. «Der Ort hier ist mir wichtig, da passt keines der Zitate, die ich kenne«,denke ich. So chaotisch und doch einer der schönsten und herzlichsten Orte und Länder, die ich je sehen, nein spüren durfte…und dann ist es ganz einfach, was zu schreiben ist..
